FMX: Wo sich Kreativität und Technik treffen

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Hollywood in Schwaben: Einmal jährlich tummeln sich Branchengrößen auf der Conference for Animation, Effects, Games and Transmedia FMX in Stuttgart. Dieses Jahr waren Andy Serkins (Foto links) und Jon Landau (rechts) zu Gast

FMX Serkins_LandauStuttgart, 25.04.2014 – Für ihre Automobilindustrie ist die Region berühmt. Doch auch auf einem anderen technischen Gebiet leisten schwäbische Tüftler Großes: Sie liefern Effekte – genauer VFX oder Visual Effects – für internationale Filmproduktionen. Vorne mit dabei ist die Firma Luxx, die zusammen mit dem Stuttgarter Ableger von Look Effects die visuellen Effekte für den Film „Grand Budapest Hotel“ des Regisseurs Wes Anderson gestaltete. Dieser Erfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer jahrelangen Förderung und Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft. Eine wichtige Rolle spielt hier die Konferenz FMX, die von der Filmakademie Baden-Württemberg veranstaltet wird und sich seit 1994 den Visual Effects verschrieben hat. Ein Höhepunkt der diesjährigen Konferenz war der Besuch von Branchenstars wie Andy Serkins, Motion-Capture Darsteller des Gollums in Herr der Ringe oder Jon Landau, Produzent von Avatar und Titanic. Verantwortliche aus Politik, Ausbildung und Wirtschaft zogen auf der gestrigen Pressekonferenz eine durchweg positive Bilanz.

Welthauptstadt der Animation

FMX 2014, Presserundgang

Foto: Fritz Kuhn (2. v. links), Jürgen Walter, Carl Bergengruen, Jean-Michel Blottière am Stand von Bot & Dolly (v. l. n. r.).

Jürgen Walter, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bezeichnete Stuttgart gar als Welthauptstadt der Animation. Eine wesentliche Ursache für den Erfolg seien die drei Ausbildungsstätten im Land, sagte Walter in völliger Übereinstimmung mit Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Aus der Filmakademie, der Hochschule der Medien und der Hochschule Offenburg erwachse ein Reservoir an Talenten, wie es mit konkurrierenden Standorten nicht vergleichbar sei. Die Verbindung von technischem Know-how und kreativem Potential in der Region sei eine Besonderheit.

„Stuttgart ist eine kreative Stadt“, sagte Fritz Kuhn. Sie könne andauernd Motoren bauen, aber auch hochkarätige Filmeffekte kreieren. Ausschlaggebend dafür sei neben der Ausbildung auch die einzigartige Kombination von Industrie und Filmtechnik. Denn dass die Stuttgarter Automobilfirmen gleichzeitig beste Kunden der Filmindustrie sind, ist kein Geheimnis. Visuell hochwertige Werbefilme rücken deren Straßenkreuzer glänzend ins Bild. Die Konferenz FMX sei zugleich eine Plattform und ein Schaufenster für die regionale und internationale VFX-Branche, lobte Kuhn.

Netzwerken mit der MFG

Einen weiteren Pfeiler des Erfolgs bildet das Animation Media Cluster Region Stuttgart (AMCRS), das die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg im Jahr 2009 einrichtete. MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen sagte über die FMX: „Was sie leistet, ist von Weltrang.“ Die FMX ist eine der Vernetzungsmöglichkeiten, die das MFG-Cluster anbietet. Vierzehn VFX-Dienstleister zählen mittlerweile zu dem Cluster, dessen jüngstes Mitglied Look Effects ist. Das internationale VFX-Unternehmen mit Standorten in Los Angeles, Brooklyn und Vancouver hat eine Niederlassung in Stuttgart gegründet. Jürgen Walter wertete dies als positives Signal, „gerade in einer Zeit, in der es auch Bereinigungen gibt“.

Die MFG unterstützt heimische Kino- und TV-Produktionsfirmen insgesamt, legt dabei, etwa mit dem Cluster, einen Schwerpunkt auf den VFX- und Animationsbreich. Neun Millionen Euro Fördergelder spendierte die MFG seit 2004 der Visual-Effects-Branche im Land, wie Bergengruen auf der Konferenz hervorstrich. Durch die Förderung kamen etwa maßgebliche Beteiligungen regionaler VFX-Dienstleister an zwei aktuellen Kinoproduktionen zustande: An „Petterson und Findus – Kleiner Quälgeist, große Freundschaft“ schraubten VFX-Spezialisten von Pixomondo herum. Das Stuttgarter Unternehmen erntete erst im Februar einen Preis für die Effekte der Fernsehserie „Game of Thrones“. Ebenso „Grand Budapest Hotel“ – hier waren die bereits erwähnten Firmen Luxx und Look Effects beteiligt.

Von der Filmakademie nach Hollywood

Volker Engel, Uncharted Territory

Foto: Volker Engel von Uncharted Territory

Die Luxx Studios arbeiteten auch für eine weitere große Hollywood-Produktion. Sie erhielten von Roland Emmerich den Auftrag, die Eröffnungssequenz zu „White House Down“ zu erstellen. Hinter den Kulissen vermittelte Volker Engel, einer der beiden Chefs des in Los Angeles ansässigen VFX-Spezialisten Uncharted Territory. Engel gewann 1996 für die Visual Effects von Emmerichs „Independence Day“ den Oscar, lernte sein Handwerk als einer der ersten Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg.

„Schon damals war die Akademie mit Silicon-Grafics-Workstations gut ausgestattet“, erinnerte sich Engel im Pressegespräch. Als sie für Emmerichs „White House Down“ einen VFX-Spezialisten suchten, der fotorealistische Bilder generieren kann, sei er auf Luxx in Stuttgart gestoßen. Denn ein Dreh über dem realen US-Präsidentensitz war aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Luxx produzierte die Eröffnungssequenz des Streifens. Ein verantwortungsvoller Job. „Denn in den ersten fünf, sechs Minuten entscheidet sich das Publikum, ob es sich auf einen Film einlassen möchte“, so Engel.

Thomas Haegele

Nico Hofmann, Produzent und Geschäftsführer der Ufa Fiction GmbH und zugleich Dozent an der Filmakademie BW nannte den Erfolg der regionalen VFX-Branche „einen Traum, der wahr geworden ist“. Hofmann lobte ausdrücklich Thomas Haegele (im Foto rechts), Leiter des Instituts für Animation, Visuelle Effekte und Digitale Postproduktion an der Filmakademie. „Vor rund zwanzig Jahren hat man uns angeschaut wie Marsmenschen“, erinnerte sich Hofmann an die Anfänge zurück. Haegele bedankte sich wiederum bei dem Finanz- und Wirtschaftsministerium des Landes für die Förderung. Dass sich auch die Stadt Stuttgart erstmals an der FMX beteiligte, sei sehr bemerkenswert. Auch er sieht in der Zusammenarbeit von Automobil- und Filmindustrie Synergien: „Autofirmen arbeiten mit den gleichen Werkzeugen wie die Animationsbranche.“ Denn Autodesk ist sowohl der Marktführer für CAD-Software wie für Animationsprogramme. Ebenso würden die gleichen Industrieroboter für den Automobilbau wie für die Filmproduktion verwendet. Dies zeigte die Firma Bots & Dolly an ihrem Stand auf der FMX. Mit ihrer Robotersteuerung leistete die kalifornische VFX-Firma einen maßgeblichen Beitrag zum Erfolgsfilm Gravity.

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Autor

Recording, Musikproduktion und Schlagzeug zählen ebenso zu meinen Interessen wie Medientechnik und Broadcast. Nach Stationen bei Tonstudio Zuckerfabrik, R&P Showtechnik & Veranstaltungsservice, SWR, WDR und Axel Springer arbeite ich als freiberuflicher Technikjournalist und Medieningenieur. Dabei biete ich Fachartikel, Produktbeschreibungen und Content-Marketing für Verlage und Unternehmen.

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