Kopfhörer- und Mikrofonspezialist Sennheiser stellte im Hamburger Abaton-Kino das Cinema-Connect-System vor, das hör- und sehbehinderten Menschen die Teilnahme an Kulturveranstaltungen wie Kino oder Theater ermöglicht
Hamburg – Allein in Deutschland leben 5,7 Millionen Menschen, deren Hörvermögen beeinträchtigt ist. Und nicht nur ältere Menschen sind betroffen – 47 Prozent davon sind jünger als 60 Jahre. Für die Teilnahme am kulturellen Leben benötigen diese Menschen oft Unterstützung. Doch eine Sonderbehandlung wie Hörsysteme, die auf Nachfrage an der Kinokasse verliehen werden, ist nicht ideal. Beeinträchtige Menschen sollen ohne Hürden am öffentlichen Leben teilhaben können. Inklusion heißt dieses Ziel – doch wie lässt es sich erreichen?
Eine Lösung für kulturelle Veranstaltungen möchte Sennheiser mit seinem Cinema-Connect-System anbieten: Anders als bereits existierende Technologien nutzt das System ein herkömmliches WLAN-Netzwerk zum Audio-Streaming auf eine Smartphone-App. Somit können hör- wie sehbehinderte Menschen lediglich mit einem Smartphone samt Kopfhörer zusätzliche Audiospuren abrufen. Etwa eine Audiodeskription, also eine beschreibende Audiospur für Sehbeeinträchtigte oder eine Hörunterstützung mit hervorgehobenen Dialogen für Schwerhörige. Und nicht nur das: Per Cinema-Connect-System lassen sich mühelos weitere Tonspuren übertragen – etwa eine Originalfassung für Cineasten oder fremdsprachige Versionen.
Für die technische Umsetzung müssen Kinobetreiber lediglich eine Connect-Station installieren, die Zentraleinheit des Systems im 19-Zoll-Rackformat. Diese bietet passende Anschlüsse für die heute verwendeten Kinoserver, erklärte Daniel Fischer, Entwicklungsleiter der neu gegründeten Sennheiser Streaming Technology GmbH (SST). Die zusätzlichen Audiospuren wie Audiodeskription müssen auf der Filmfassung natürlich vorliegen. Die Connect-Station besitzt mehrere RJ-45-Anschlüsse für WLAN-Router sowie für Servicezwecke.
Per WLAN soll das Streaming über bis zu 30 Metern Reichweite gelingen. Bis zu 25 Personen können das System gleichzeitig nutzen – erweitern lässt es sich in beiden Fällen mit weiteren Access Points, erläuterte Jörn Erkau, Leiter der SST GmbH. Durch das Streaming werden die Audiospuren mit unter 50 Millisekunden Verzögerung auf das Smartphone übertragen. Dieser Wert sei ausgezeichnet, sagte Erkau. Während Normalhörende die Verzögerung als Echo wahrnehmen, würden etwa Hörbeeinträchtigte das System vorzugsweise mit geschlossenen Kopfhörern und höherer Laustärke nutzen. Dadurch falle das Echo im Gebrauch nicht ins Gewicht. Man arbeite aber daran, die Latenz weiter zu verringern.
Das Cinema-Connect-System soll ab Herbst verfügbar sein, die Apps für iOS und Android lassen sich dann auf Smartphones überspielen. Die iOS-App führte Sennheiser bereits bei der Präsentation vor. Sie beinhaltet einen Location-Finder, mit dem sich entsprechend ausgerüstete Kinos auffinden lassen. Um das Thema Inklusion und die Cinema-Connect-Lösung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, betreibt Sennheiser zudem den Blog Culture Inclusive.