Make Music TV: Konzerte aus dem Netz

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Musik-Videoangebote im Internet setzen meist auf Videoclips. Mit Make Music TV startete ein Angebot von aktuell etwa 1.000 Konzerten zum Pauschaltarif. Christian Morawietz, einer der beiden Gründer, verrät im Interview die Details.

Christian Morawietz ist in der Unterhaltungselektronik und der Fernsehbranche kein unbeschriebenes Blatt: Er machte den Fast-TV-Server bekannt, ein lernfähiger Festplattenrecorder, der seiner Zeit weit voraus war. Einziges Manko: Das Modell war auf den analogen Kabelempfang zugeschnitten. Der Wechsel zu Digital-TV mit dessen zahlreichen Verschlüsselungen und Restriktionen misslang. Zudem mischte Morawietz bei der Betty-Fernbedienung mit. Die programmierbare Universal-Fernbedienung war 2007 ein Vorreiter des interaktiven Fernsehens. Vernetzte TV-Geräte und Smartphones machten die Entwicklung hinfällig. Anfang des Jahres starteten Morawietz und sein Geschäftspartner Michael Bogatzki das Konzert-Angebot Make Music TV zum Pauschaltarif. Wie es dazu kam, erklärt Morawietz im Gespräch.

techmagazin: Wer hatte die Idee zu Make Music TV?

Morawietz: Michael Bogatzki und ich kamen gemeinsam darauf. Ein gemeinsamer Konzertbesuch begeisterte uns so, dass wir dieses Erlebnis in die digitale Welt übertragen wollten. Michael hat einige Erfahrung in der Musikbranche, er war bei DSF für das Musikmarketing zuständig. Mit SellaBand gründete er 2006 zudem ein Crowdfunding-Portal für Bands.

techmagazin: Wie startete das Projekt?

Morawietz: Wir begannen damit, die Ausstrahlungsrechte für Konzertaufnahmen zu erwerben, und zwar europaweit. Unseren Pool bieten wir dann beispielsweise TV-Sendern an – das ist bereits eine Einnahmequelle. Der große Vorteil von Konzertmitschnitten ist, dass man keine unterschiedlichen Sprachfassungen benötigt. Das erleichtert die internationale Auswertung. Wir sprechen mit allen bekannten Rechteinhabern, suchen allerdings auch gezielt Inhalte, welche noch nirgends verfügbar sind.

techmagazin: Wie funktioniert so ein Rechteerwerb?

Morawietz: Bei Musikkonzerten ist die Rechtesituation meist verworren, anders als etwa in der Filmbranche. Da zahlreiche Unternehmen wie Labels, Künstler, Management oder Produktionsgesellschaften beteiligt sind, muss man als Käufer sicherstellen, dass der Verkäufer tatsächlich im Besitz sämtlicher Verwertungsrechte ist. Wir sichern uns vertraglich so ab, dass wir die Verwertung rechtlich einwandfrei anbieten können.

techmagazin: Welche Vergütungsformen gibt es für Verwertungsrechte?

Morawietz: Hier kann man unterschiedliche Vereinbarungen treffen. Für uns ist es wichtig, dass wir Partner finden, die mit uns wachsen können. Daher versuchen wir, eine eher kleine Garantiesumme zu verhandeln und diese mit einer Beteiligung an den tatsächlichen Einnahmen zu verknüpfen.

techmagazin: Was war die größte Schwierigkeit bei Ihrer Geschäftsidee?

Morawietz: Die größte Hürde war es, die Online-Plattform technisch skalierbar umzusetzen. (Mit steigendem Nutzerzugriff zu wachsen, Anm. d. Redaktion) Mit unserer Lösung lässt sich das Angebot sowohl im Webbrowser wie als App auf Samsung Smart-TVs in 52 Ländern abrufen. Zudem lässt sich unser Angebot mit Tablets oder Mobiltelefonen nutzen.

techmagazin: Wie lange hat die Umsetzung gedauert?

Morawietz: Die Idee hatten wir 2011, im Jahr 2012 starteten wir mit einem Konzertabruf-Angebot für DJ Bobo. Auf seiner Website lassen sich Konzerte On Demand abrufen, das haben wir mit unserer Plattform realisiert. Durch einen zusätzlichen Rechteerwerb konnten wir dann ein umfangreiches Paket im Abomodell anbieten.

techmagazin: Wie sieht der technische Hintergrund der Plattform aus? Welches CMS und welches CDN nutzen Sie beispielsweise? (CMS: Content Management System, CDN: Content Delivery Network, Verbreitungsnetzwerk für Video)

Morawietz: Wir nutzen ein Content-Management-System der Firma Dimensional aus Köln. Für das Videostreaming in Europa brauchen wir nicht zwingend ein CDN. Die vorhandene Netzinfrastruktur reicht dafür aus. Für andere Länder arbeiten wir mit kleineren CDNs zusammen, mit denen man attraktive Tarife verhandeln kann.

techmagazin: Was hat die Umsetzung gekostet und wie haben Sie sie finanziert?

Morawietz: Das war ein sechsstelliger Betrag. Wir haben einen Investor gesucht, und mit Media Ventures unter der Leitung von Dirk Ströer einen zugkräftigen Partner gefunden.

techmagazin: Wie sieht das Angebot von Make Music TV aus?

Morawietz: Aktuell haben wir rund 1.000 Titel aus dem Rock-Pop-Bereich im Repertoire. Das sind Konzerte international bekannter Künstler wie Sting, U2, Phil Collins, Robbie Williams, Soundgarden, Rod Steward, Rammstein, Diana Ross und viele andere. Daneben bieten wir auch Dokumentationen, doch ausschließlich lange Formate ab 45 Minuten Länge.

techmagazin: Welche Qualität haben die Videos?

Morawietz: Etwa zwei Drittel der Konzertmitschnitte haben HD-Qualität, davon sind die meisten in 720p produziert. Wir bekommen aber immer mehr Full-HD Material. Die Datenrate passt sich adaptiv an die verfügbare Bandbreite an, und geht dabei bis zu 12 Megabit pro Sekunde. Das Audioformat richtet sich nach dem Alter der Konzertaufzeichnung, Stereo ist hier die Norm.

techmagazin: Wie sieht Ihr Geschäftsmodell genau aus?

Morawietz: Wir bieten ein vertikales, also auf ein bestimmtes Interesse und damit eine klar umrissene Zielgruppe zugeschnittenes Angebot. Zunächst hatten wir eine Pay-per-View-Lösung, also Einzelabruf, umgesetzt. Das ist das sogenannte Transaction-Modell. Ende letzten Jahres haben wir unser Angebot dann auf das Abo-Modell umgestellt, also Subscription. Der Vorteil ist, dass man damit die Einnahmen besser kalkulieren kann. Pay per View machen wir immer noch – jedoch nur bei besonderen Konzertereignissen mit großen Medienpartnern wie zum Beispiel Sky.

techmagazin: Wie geht‘s weiter mit Make Music TV?

Morawietz: In den nächsten sechs Monaten werden wir unser Repertoire um weitere 1.000 Titel aufstocken. Dann müssen wir das Angebot erst einmal richtig bekannt machen – etwa mit Internet- und Fernsehwerbung. Dafür suchen wir Partner, idealerweise große Player wie Fernsehsender oder auch Video-on-Demand-Anbieter. Zudem verhandeln wir auch mit internationalen Plattformen über eine Serviceintegration. Damit könnten wir zu Samsung-Smart-TV einen weiteren internationalen Ausspielweg hinzugewinnen und unsere Reichweite stark vergrößern.

techmagazin: Vielen Dank für das Gespräch.

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Autor

Recording, Musikproduktion und Schlagzeug zählen ebenso zu meinen Interessen wie Medientechnik und Broadcast. Nach Stationen bei Tonstudio Zuckerfabrik, R&P Showtechnik & Veranstaltungsservice, SWR, WDR und Axel Springer arbeite ich als freiberuflicher Technikjournalist und Medieningenieur. Dabei biete ich Fachartikel, Produktbeschreibungen und Content-Marketing für Verlage und Unternehmen.

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