Nicht nur für Startups – die Factory eröffnet in Berlin

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Einen Platz, an dem sich Internet-Unternehmer entwickeln können – dies möchte Simon Schäfer, Gründer und Mitinhaber, mit seiner Factory schaffen

Berlin, 11.06.2014 UPDATE – Mit großem Medienrummel eröffnete gestern die Factory in Berlin. Das ehemalige Brauereigebäude wurde von Investoren um Simon Schäfer und Udo Schloemer zum Bürogebäude für Internetunternehmen umgebaut. Der Internetriese Google unterstützte das Projekt, ist aber laut Simon Schäfer nicht offiziell beteiligt. Schäfer begann im September 2011 die Fabrikgebäude an der Rheinsberger Straße in Berlin auszubauen. Er ist in der Gründerszene als Business-Angel aktiv, hat nach eigenen Angaben in derzeit 42 Start-ups investiert – wohl als Partner der

Beteiligungsgesellschaft JMES Investments. Die digitale Wirtschaft boomt, selbst alteingesessene Verlage wie Axel Springer entdecken die digitalen Möglichkeiten, investieren wie im Goldrausch in Internet-Sart-ups. Berlin bildet in Deutschland den Brennpunkt für die Gründerszene. Grund genug also, mit Bürogebäuden und Beteiligungen in die Branche einzusteigen.

„Die Start-ups schaffen in Berlin so viele Arbeitsplätze wie die Immobilienwirtschaft“, meint Schäfer. 22 Millionen Euro haben er und seine Partner in das Gebäudeareal mit 16.000 Quadratmeter gesteckt. Er sei bereits überbucht, sagt er. „Wir haben Anfragen für 80.000 Quadratmeter“, sagt Schäfer. Er kennt sich aus in der digitalen Wirtschaft – und mit den Gründungsphasen von Start-ups. „Bei uns finden Unternehmen in allen Enwicklungsphasen Platz“, sagt er. Nicht nur in der Seed-Phase – also der ersten Startphase. „Mit Mozilla haben wir hier auch ein Unternehmen, das very old ist“, meint er. Dies unterscheide die Factory beispielsweise vom Betahaus – ein weiterer Anbieter, der sogenannte Coworking-Arbeitsplätze anbietet.

Der Quadratmeter kostet 14 Euro netto kalt – dies sei etwa ein „durchschnittlicher Marktpreis in Berlin Mitte“, sagt Schäfer. Dennoch kein Pappenstiel für Jungunternehmer. „Wir liegen etwas über dem Durchschnittspreis von zehn bis zwölf Euro in dieser Lage“, sagt Schäfer. Doch mit zusätzlichen Angeboten, wie einem Fitnesscenter, sei die Factory den Mietpreis wert.

Foto: Presseandrang im Tonstudio von Soundcloud bei der Eröffnung

Factory EroeffnungWer reinkommt, entscheiden er und sein Team aus aktuell fünf Leuten. „Porn und Casino machen wir nicht“, entgegnet Schäfer scherzhaft auf die Frage, wie die Auswahlkriterien seien. „Entscheidend ist, dass die Unternehmen Teil der Community sein wollen, dass sie partizipieren möchten.“ Die Factory führt auch gemeinsame Veranstaltungen durch – alles Teil des Gründergedankens. Denn die Gründerszene in Berlin sei überschaubar, das Netzwerk für die Entwicklung der Unternehmen entscheidend.

Wenn er über seine prominenten Untermieter redet, kann Schäfer seine Freude nicht verbergen. Muss er auch nicht – denn mit Soundcloud haben sie hier ein Aushängeschild gefunden, ein Aushängeschild für die gesamte Gründerszene Berlins. Das Unternehmen, das es Labels oder Tonstudios ermöglicht, komplette Soundfiles Online auszutauschen und zu veröffentlichen, steht auch beim Presserundgang stets im Mittelpunkt. Seien es 6Wunderkinder, die eine Online-Planungs-Plattform für Aktivitäten aller Art bieten, der Kurznachrichtendienst Twitter oder Zendesk, das Firmen Unterstützung bei deren Kundensupport anbietet – in der Factory sind namhafte Vertreter der Szene untergekommen.

Ein gutes Karma möchte Schäfer und sein Team in diesen Räumen bewahren. Auf die Frage einer Journalistin, wie er das Karma von Google beurteile, sagt Schäfer: „Definitiv gut.“ Die deutsche Datenphobie gehe ihm auf die Nerven. Google unterstütze Startups, investiere in neue Ideen. Hier macht es sich Schäfer zu leicht – wie auch eine Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des Internet-Ausschusses des Deutschen Bundestags zeigte, die am Rand der Eröffnung stattfand. Denn das Thema Datenschutz bewegt keinesfalls nur die deutsche Öffentlichkeit – auch viele US-Amerikaner sind über das massenhafte Ausspähen, meist gegen geltendes Recht, überhaupt nicht amused. Dass für Google das Thema Datenschutz eher ein Hemmnis darstellt, zeigte die breit angelegte Präsentation der umstrittenen Google Glass in den Räumen der Factory.

Dennoch ist die Entwicklung der digitalen Wirtschaft natürlich zentral – und wie es gehen kann, weiß Schäfer. Wichtig sei, dass die Unternehmen nicht in einer zu kurzen Zeit erfolgreich sein müssen. „Oft wird über den Exit gesprochen, obwohl die Unternehmen erst fünf Jahre alt sind. Die sollen sich erst einmal entwickeln“, unterstreicht Schäfer. Verglichen mit dem Valley bei San Francisco spiele Europa und auch Berlin in einer ganz anderen Liga. Dort könnten viele Gründer nach erfolgreichen Exits wieder in neue Unternehmen investieren – dies gebe es hier so nicht. Die 100- oder 200.000 Euro für die absolute Startphase einzustreichen, sei in Berlin möglich, so Schäfer. „Doch zwei bis drei Millionen Euro für die Wachstumsphase aufzutreiben, ist schon schwierig.“ Und große Summen ab 20 Millionen gebe es gar nicht – anders als in der Gründerszene bei San Francisco.

Wenn es nach Schäfer geht, möchte er die Factory mit weiteren Standorten in ganz Europa erweitern. Vielleicht eine Hoffnungsschimmer für die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa. In der Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher sieht Schäfer eine Hauptursache für die Misere. Gründergeist könnte Abhilfe schaffen – mit freundlicher Unterstützung auch durch die EU, die digitale Unternehmen fördern möchte.

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Autor

Recording, Musikproduktion und Schlagzeug zählen ebenso zu meinen Interessen wie Medientechnik und Broadcast. Nach Stationen bei Tonstudio Zuckerfabrik, R&P Showtechnik & Veranstaltungsservice, SWR, WDR und Axel Springer arbeite ich als freiberuflicher Technikjournalist und Medieningenieur. Dabei biete ich Fachartikel, Produktbeschreibungen und Content-Marketing für Verlage und Unternehmen.

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