Der neue Sendestandard DVB-T2 soll mehr und vor allem schärfere TV-Bilder per Antenne liefern, als das bisherige terrestrische Fernsehen DVB-T. Heute enthüllte Sendebetreiber Media Broadcast einige Details zum geplanten Start im Jahr 2016.
Berlin, 13. November 2014 – Media Broadcast hatte zum Fachpressegespräch in den Berliner Fernsehturm geladen, der heute allerdings – anders als auf dem Pressefoto oben – in dichten Nebel gehüllt war. Der Sendebetreiber, der nach eigenen Angaben etwa 500 DVB-T-Sendestandorte in Deutschland unterhält, gab einen Einblick in ein maßgebendes DVB-T2-Pilotprojekt, das am 6. Oktober 2014 startete.
DVB-T2 soll endlich auch HDTV für die Zuschauer des digitalen Antennenfernsehens bringen. Und die Zahl der DVB-T-Nutzer ist beachtlich, wie Ulf Heggenberger, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Media Broadcast, zu Beginn der Veranstaltung aufzeigte: Rund 7,4 Millionen Haushalte empfangen TV-Programme via DVB-T – wobei die Nutzung auf einem Zweitgerät, etwa im Schlafzimmer, eingerechnet ist. Heggenberger kommt so im Schnitt auf 18,8 Prozent aller TV-Haushalte, die auch – nicht ausschließlich – per DVB-T fernsehen. In Kernregionen wie Berlin seien es sogar bis zu 27 Prozent.
Mit dem DVB-T2-Pilotprojekt sollen die Sendeparameter für den Nachfolgestandard von DVB-T festgezurrt werden. Die Details stehen noch keineswegs fest. Denn anders als das DVB-T2-Verfahren, das in Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Australien schon lange in Betrieb ist, soll in Deutschland eine neue Technik zum Einsatz kommen. Der Start von DVB-T2 ist erst für Mitte 2016 geplant. Daher soll, so Stefan Krüger, technischer Leiter des Pilotprojektes bei Media Broadcast, gleich ein neues und damit zukunftssicheres Videocodierverfahren verwendet werden – nämlich HEVC. Das hocheffiziente und daher auch High Efficiency Video Coding genannte Kompressionsverfahren ist ebenso für einen anderen zukunftsweisenden neuen Fernsehstandard geplant: Das ultrascharfe Ultrahigh Definition TV (UHD-TV), das die Auflösung gegenüber HDTV noch einmal vervierfacht und dadurch ein noch brillanteres Fernseherlebnis ermöglichen möchte.
Doch UHD-TV-Programme werden per DVB-T2 jedenfalls auf absehbare Zeit nicht ausgestrahlt, wie ein Mitarbeiter von Media Broadcast auf Nachfrage klarstellte. Vielmehr sollen etwa 35 bis 40 HDTV-Programme ab etwa Mitte 2016 bundesweit per Antenne übertragen werden. Die Landesmedienanstalten sollen über eine Ausschreibung einen Plattformbetreiber auswählen, der das DVB-T2-Angebot dann unrter einer Marke vertreibt und bewirbt. Denn DVB-T2 soll mit einer zugkräftigen Kommunikationskampagne eingeführt werden, wie Sebastian Artymiak, Leiter Medientechnologie beim Verband Privater Rundfunk und Telemedien VPRT ankündigte.
Ob die privaten werbefinanzierten Sender ihre HDTV-Programme, wie sie es bereits bei Satellit und Kabel praktizieren, dann auch per DVB-T2 verschlüsselt ausstrahlen, wollte oder konnte heute noch niemand verraten. Allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass dies für die Privaten ein wichtiges Kriterium bei der Einführung des neuen DVB-T2-Standards ist. „Alles ist möglich“, sagte dazu Heggenberger (Bild unten hinten).

Eine für Entschlüsselungsmodule geeignete Common-Interface-Schnittstelle CI+ sollen die empfohlenen Endgeräte jedenfalls aufweisen, betonte auch Carine Chardon, Leiterin Medienpolitik und Medienrecht beim ZVEI und zugleich Geschäftsführerin der Deutschen TV-Plattform. Chardon stellte klar, dass DVB-T2-Geräte für andere Länder in Deutschland nicht funktionieren würden. Denn hier handele es sich ja um eine Doppeleinführung – also DVB-T2 mit HEVC. Da die Eckdaten noch nicht festehen, gebe es auch noch kein Logo, um taugliche DVB-T2-Geräte zu kennzeichnen. Am Veranstaltungsort waren jedoch einige Endgeräte zu sehen, die bereits DVB-T2 empfangen können. Beispielsweise ein aktuelles Panasonic TV-Gerät – der Hersteller hatte bei der Einführung der neuen Produktrange 2014 den in einigen Modellen verbauten DVB-T2-Tuner hervorgehoben. Bis zur Internationalen Funkausstellung IFA 2015 sollen die Eckpunkte für die DVB-T2-Ausstrahlung festgezurrt werden. Damit können die Gerätehersteller dann entsprechend geeignete Modelle auf der IFA ausstellen.
Zum Sendestart von DVB-T2 lassen sich schwerlich alle DVB-T-Programme abschalten – das dürfte tausende Zuschauer verärgern. Daher ist ein Simulcast – also ein Parallelbetrieb – von DVB-T2 und DVB-T geplant, der bis etwa 2020 dauern soll. Dafür werden wiederum die Frequenzen oberhalb von 700 Megahertz benötigt – die nach den Plänen der Bundesregierung an den Mobilfunk fallen sollen. Digitale Dividende II heißt dieser Plan im Fachjargon, denn es wurden bereits einige Frequenzbereiche des sogenannten UHF-Bands (Ultrahigh Frequency) im Rahmen der Digitalen Dividende I dem Mobilfunk zugeschlagen. Mit der Versteigerung von Frequenzen an die zahlungskräftigen Mobilfunkbetreiber lassen sich nämlich trefflich Haushaltslöcher stopfen. Gleichzeitig soll jedoch auch die Breitbandversorung, etwa mit dem neuen Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution), vorangetrieben werden.
Den Plänen Alexander Dobrindts, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, die UHF-Frequenzen oberhalb von 700 MHz bereits im Mai 2015 zu veräußern, erteilten Chardon und Artymiak eine deutliche Absage. „Das Fell soll bereits verteilt werden, doch der Bär atmet noch“, sagte dazu Chardon. Der Schutz der Frequenzen sei auch im Koalitionsvertrag verankert, betonte Chardon. Artymiak schloss sich dem an und forderte mehr Verlässlichkeit von der Politik. Für Artymiak steht fest: „Wir brauchen die Frequenzen weiterhin.“ Michael Moskob, Leiter Regulierung und Public Affairs bei Media Broadcast, stellte auf Nachfrage allerdings klar, dass der Umstieg auf DVB-T2 auch bei einer früheren Versteigerung der Frequenzen nicht infrage gestellt sei.

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