Mit Samsung Gear 360 und Gear VR in virtuelle Welten

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Auf der CES 2016 stellte Samsung ein Komplettpaket für die 360-Grad-Videoaufnahme und -wiedergabe vor: Die 360-Grad-Kamera Gear 360 und die VR-Brille Gear VR. Zusammen mit einem geeigneten Smartphone wie dem Galaxy S7 edge gelingt damit der Einstieg in die virtuellen Welten.

Samsung Gear 360

Die weiße, kugelrunde 360-Grad-Kamera Gear 360 erinnert an einen Golfball, ist aber etwas größer. Die rund 300 Euro teure 360-Grad-Kamera arbeitet mit zwei Aufnahmesystemen, die genau um 180 Grad in die entgegengesetzte Richtung blicken. Beide Kameras sind mit einer Fischaugen-Optik ausgestattet, sodass deren Bildfelder aneinander anschließen – sowohl seitlich, sowie auch oben und unten. Insgesamt ermöglichen die Gear 360 damit die gewünschte 360-Grad-Rundumsicht. Allerdings müssen die Aufnahmen mit einer Software bearbeitet werden (siehe unten), damit die Kanten nicht mehr sichtbar sind. Dieses „Stitching“ erfolgt nicht automatisch in der Kamera.

Unten an der Gear 360 ist ein Viertel-Zoll-Stativgewinde eingelassen, mit dem sich die Kamera auf Fotostativen befestigen lässt. Ein Mini-Dreibein mit Kunststoff-Beinchen wird ebenso mitgeliefert, wie eine kleine Schutz-Stofftasche. An der Kugel befinden sich genau drei Tasten: Eine An-Taste, eine Bluetooth/Menü-Taste sowie eine Aufnahmetaste, zu erkennen an dem typischen roten Punkt. Direkt vor der Aufnahmetaste ist ein winziges monochromes Display, das über die wichtigsten Funktionen wie Ladezustand, Modus und Aufnahmedauer informiert. Mittels der Tasten und dem Display lässt sich die Gear 360 bedienen – doch mittels der Gear 360 App auf einem Smartphone gelingt dies deutlich komfortabler (siehe unten).

Samsung Gear 360 Gear VR

Unter einer seitlichen Abdeckung kommen Akku-Einschub und der Steckplatz für eine Micro-SD-Karte zum Vorschein. Ohne passende Nägel oder kleine Finger lässt sich die kleine Speicherkarte kaum einschieben – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Samsung Galaxy S7 edge

Samsung Gear 360 Gear VR

Die Gear-360-Kamera lässt sich mit einer gleichnamigen App von einem Galaxy S6 oder S7 Smartphone fernbedienen. Für den Praxistest erhielt ich ein schickes Galaxy S7 edge. Die Samsung Gear 360-App kann wahlweise aus dem Angebot von Galaxy Essential Apps oder aus dem Google Play Store heruntergeladen werden. Um die Verbindung mit der Gear 360 herzustellen, muss der 360-Grad-Videofilmer zunächst den Zugriff auf die Standortdaten und Telefonnummer des Smartphones zulassen, sonst verweigert die App das weitere Prozedere. Die Verbindung von Smartphone und Gear erfolgt sowohl via Bluetooth und WLAN. Die Bluetooth-Funktion des Galaxy-Smartphones muss daher aktiviert werden.

Die App unterstützt den angehenden 360-Grad-Filmer bei den weiteren Schritten: Er muss die Gear 360 einschalten und per Druck auf die Bluetooth/Menü-Taste das Menü aufrufen. Auf dem kleinen Display der Gear 360 ist sodann die Bluetooth ID der 360-Grad-Kamera zu erkennen. Mit einem Druck auf die Aufnahmetaste schließlich lässt sich die Gear 360 mit dem Smartphone verbinden.

Der Vorteil der Gear 360 App: Die Bilder der Gear 360 lassen sich einzeln oder als ausgebreitetes 360-Grad-Panorama auf dem Galaxy-Smartphone betrachten. Zudem können Aufnahme und Aufnahmeeinstellungen bequem ferngesteuert werden. So lassen sich die verschiedenen Auflösungen der Gear 360 auswählen. Diese Einstellung gelingt für die beide Kameras zusammen (unter Doppellinse) oder für jede der beiden Kameras einzeln – unabhängig voneinander sind also auch verschiedene Auflösungen etwa für vorne und hinten möglich. Selbst im Freien gelang die Fernbedienung der Gear-360-Kamera mit dem Galaxy S7 edge über Distanzen von über zehn Metern problemlos.

Folgende Auflösungen bietet die Gear 360:

Einzellinse:

1280 x 720, 1920 x 1080, 1920 x 1080 (60p), 2560 x 1440,

Doppellinse:

Von 1920 x 960, 2560 x 1280, 2560 x 1280 (60p), 2880 x 1440, 3840 x 1920

Zudem stehen verschiedene Aufnahmemodi wie Video, Foto, Zeitraffer oder Videolooping zur Verfügung.

Samsung Gear VR

Drittes Glied im Bunde ist die Samsung Gear VR – die Brille oder Smartphone-Halterung für ein geeignetes Galaxy-Smartphone. Sie ist für rund 100 Euro erhältlich. Brille und Smartphone werden über einen Mini-USB-Stecker verbunden, auf den sich ein passendes Galaxy-Smartphones stecken lässt, wenn es in die Halterungen der Brille eingelegt wird. Einmal an der Gear VR befestigt, ertönt über die Lautsprecher des Smartphones: „Laden Sie die entsprechenden Anwendungen auf das Smartphone.“ Auch auf dem Smartphone-Display erscheint der Hinweis, weitere Anwendungen zu installieren.

Samsung Gear 360 Gear VR

Gemeint ist die Oculus VR-App. Denn Samsung und der 360-Grad-Pionier Oculus Rift haben die Gear 360 gemeinsam entwickelt. Allein dadurch, dass das Galaxy-Smartphone in die Gear VR eingelegt wird, wird die Installation der Oculus-App eingeleitet. Wieder aus der Gear VR entfernt, hat die entsprechende Installationsroutine auf dem Smartphone bereits begonnen. Und wieder einmal wird der VR-Fan mit umfangeichen Software-Vereinbarungen konfrontiert – die er natürlich rechtssicher auf einem kleinen Ausschnitt des Smartphones-Bildschirms durchlesen kann.

Sodann muss der angehende 360-Grad-Videofilmer ein Konto bei Oculus erstellen. Dafür wird eine authentifizierbare E-Mail-Adresse, Passwort, Nutzername, Vor- und Nachname, wahlweise eine Bezahlmethode, sowie eine Pin für Oculus-Store-Einkäufe gefordert. Hier geht es offenkundig um ein Geschäftsmodell, nicht um einen kostenlosen Service, um selbst gedrehte 360-Grad-Videos abzuspielen. Bei jedem Schritt wird die Zustimmung zu weiteren rechtlichen Bestimmungen notwendig. Die Oculus-App beharrt darauf, ein öffentliches Profil einzurichten, um das Oculus Social Network mit einem neuen vernetzten Anwender zu beglücken. Äußerst datenhungrig dafür, dass der Nutzer womöglich ausschließlich 360-Grad-Videos erstellen und abspielen möchte. Daten sind also auch hier Teil des Geschäftsmodells. Zudem wird der Nutzer regelmäßig aufgefordert, das Oculus-Konto mit Facebook zu verknüpfen. Facebook hatte Oculus im Jahr 2014 übernommen, die Verknüpfung der Konten bei verschiedenen sozialen Netzwerken mit Facebook ist bei den Kalforniern Usus. Das Oculus-Konto lässt sich übrigens nicht wieder löschen – zumindest fand sich weder ein Menüeintrag noch ein entsprechender Hinweis in den FAQs.

Ein virtuelles Lernvideo führt den Benutzer schließlich in die Bedienung der Gear VR ein. Auf der rechten Seite der Brille befindet sich ein Touchpad, mit dem verschiedene Eingaben möglich sind, ähnlich einem Touch-Feld an einem Laptop. Ein Druck in der Mitte dient beispielsweise als Eingabe- oder Bestätigungstaste. Direkt darüber findet sich ein „Zurück“-Knopf. Damit kann der Anwender durch die virtuellen Menüs navigieren, die rundum den Betrachter angelegt sind.

Samsung Gear 360 Gear VRDoch wie lassen sich die selbst mit der Gear 360 gedrehten Videos abspielen? Dies gelingt, indem die Videos in den Ordner 360Videos auf dem Galaxy-Smartphone kopiert werden, der wiederum im Ordner Oculus angelegt wird. Eine der Anwendungen der Oculus VR-App unter „Meine Bibliothek“ ist Oculus Video. Damit lassen sich einige kostenlose 360-Grad-Videos abrufen, die auf Facebook angeboten. Unter den Facebook-VR-Videodemos finden sich beispielsweise Produktionen von National Geographic und andere durchaus eindrucksvolle 360-Grad-Beispiele.

Außerdem erblickt der Nutzer in den virtuellen Welten unter einigen Menüs auch den Eintrag „Eigene Videos“. Damit lassen sich die selbst gedrehten 360-Grad-Filme abrufen. Wie bereits erwähnt, schließen die Bilder der beiden Gear-360-Kameras nicht von selbst nahtlos aneinander an. An den Übergängen ist eine deutliche Kante zu erkennen. Die Videos müssen also erst bearbeitet werden, im 360-Grad-Bereich Stitching genannt. Dafür bietet Samsung eine Version der Software Gear 360 Action Director, die offenbar von Cyberlink entwickelt wurde. Das Programm lässt sich mittels eines 30-stelligen Codes freischalten, der in der Verpackung der Gear 360 auf einem kleinen Aufkleber beiliegt.

Fazit

Bei näherer Betrachtung scheint die VR-Technik nicht wirklich im Massenmarkt angekommen. Für Aufnahme und Wiedergabe sind nicht nur Samsung Gear 360, ein Galaxy S6/S7 und eine Gear VR notwendig. Hinzukommen eine Bearbeitungs-Software und überdies ein Konto bei Oculus. Damit scheint die Virtualität doch eher eingefleischte Spiele-Fans und 360-Grad-Enthusiasten anzusprechen. Abgesehen davon sind die Möglichkeiten der 360-Grad-Technik zweifellos spannend, es hakt allerdings an der zu geringen Auflösung der Smartphones für die VR-Brillen.

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Autor

Recording, Musikproduktion und Schlagzeug zählen ebenso zu meinen Interessen wie Medientechnik und Broadcast. Nach Stationen bei Tonstudio Zuckerfabrik, R&P Showtechnik & Veranstaltungsservice, SWR, WDR und Axel Springer arbeite ich als freiberuflicher Technikjournalist und Medieningenieur. Dabei biete ich Fachartikel, Produktbeschreibungen und Content-Marketing für Verlage und Unternehmen.

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