Tschüss DVB-T, hallo DVB-T2

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Am 29. März ist es soweit: Das digitale Antennenfernsehen DVB-T, Ende 2002 in Berlin/Potsdam in den Regelbetrieb gestartet, verabschiedet sich. Dann geht mit DVB-T2 eine neue Generation des digitalen terrestrischen Fernsehens auf Sendung – hochauflösend in HDTV, aber eben nicht abwärtskompatibel und teils verschlüsselt. Die Folge: zusätzliche Kosten.

Seit Mai 2016 ist ein Programmbouquet mit genau sechs DVB-T2-Programmen auf Sendung: Das Erste HD, ZDF HD, RTL HD, Sat.1 HD, Pro7 HD und Vox HD. Dieser sogenannte Pilotbetrieb mündet ab 29. März dieses Jahres in den Regelbetrieb – wie es die Fachleute nennen. Dann startet DVB-T2 nämlich regulär mit rund 40 Sendern in HD-Qualität. Die bisherigen DVB-T-Programme werden zeitnah komplett abgeschaltet. Zum Empfang von DVB-T2 sind neue Receiver oder geeignete TV-Geräte notwendig, da DVB-T2 nicht abwärtskompatibel zu DVB-T ist. Dabei gilt: Nicht alle TV-Geräte, die mit einem sogenannten DVB-T2-Tuner verkauft wurden, sind für das hiesige DVB-T2-Antennenfernsehen gerüstet. Geeignete Geräte sind mit dem grünen DVB-T2-Logo gekennzeichnet.

Weltpremiere DVB-T2

Denn genau genommen handelt es sich beim hiesigen DVB-T2 um eine Weltpremiere: Zunächst wird ein neuer, wesentlich effizienterer Fehlerschutz und ein verbessertes Modulationsverfahren verwandt, um das knapper werdende Frequenzspektrum bestmöglich auszuschöpfen. Zugleich kommt mit H.264/HEVC ein Videocodec der neuesten Generation zum Einsatz. HEVC, so schätzen Experten, reduziert die notwendige Datenrate gegenüber dem derzeit per Satellit und Kabel verwendeten Codec H.264/AVC etwa um die Hälfte – bei gleicher Qualität. HEVC ist für das ultrahochauflösende Fernsehen UHD-TV mit 3840 x 2160 Bildpunkten vorgesehen, kommt bei DVB-T2 jedoch erstmals für HDTV zum Einsatz.

Dabei wird hierzulande erstmals auch die echte Full-HD-Auflösung von 1080p50 ausgestrahlt. Das bedeutet: 50 Vollbilder mit je 1080 Bildzeilen pro Sekunde. Bislang senden die öffentlich-rechtlichen Programme via Satellit und Kabel mit 720p, die privaten mit 1080i – im Interlace- oder Zeilensprungverfahren, wie die Fernsehtechniker es nennen. In einem neuen DVB-T2-Multiplex werden sieben TV-Programme mit bis zu jeweils vier Mbit/s ausgestrahlt. Ein DVB-T2-Multiplex, was eben einer Sendefrequenz entspricht, umfasst also insgesamt 28 Mbit/s. Zum Vergleich: Bei DVB-T werden vier Programme mit je etwa drei bis vier Mbit/s pro Bouquet, also je Multiplex gesendet. Je nach Schutzintervall und Modulation ergeben sich hier also um 14 bis 18 Mbit/s je Kanal.

Freenet TV: von nun an teils verschlüsselt

DVB-T2 wird 40 Programme in HD-Qualität liefern. Doch die Vorfreude hat einen dicken Wehrmutstropfen: Zwar kommen 20 öffentlich-rechtliche Sender in HDTV-Qualität unverschlüsselt und daher vermeintlich kostenlos ins Haus – bezahlt hat der Zuschauer natürlich dennoch per Haushaltsabgabe. Neben den bundesweiten Programmen wie Das Erste HD, ZDF HD oder Arte HD sind das auch neun Regionalprogramme nebst ARD Alpha. Kurios: Auch der Kirchensender Bibel.tv wird mit im ZDF-Bouquet übertagen. Eine vollständige Programmübersicht und weitere Informationen finden sich auf dem Informationsportal.

Daneben gibt es 15 private Sender der RTL Group und von ProSiebenSat.1. Die werden allerdings verschlüsselt ausgestrahlt und als Freenet-Paket vermarket. Zum Empfang sind Receiver mit eingebauter Entschlüsselung, oder TV-Geräte mit einem CI+-Steckplatz notwendig. Für letzteres bietet Freenet TV ein passendes Modul an – zum Preis von 80 Euro. Darin enthalten sind wie stets beim Neuerwerb auch eines passenden Receivers drei Monate kostenloser Empfang des Freenet-Paketes. Danach werden 5,65 Euro je Monat also 69 Euro im Jahr fällig. Um die Programme freizuschalten soll der Gutscheincode sowie eine Geräte-ID-Nummer, die auf Receiver oder Freenet-Modul zu finden ist, online auf www.freenet.tv oder per Telefon unter 0221-4670 8700 durchgegeben werden. Smartcards bietet Freenet nicht an, der Kauf eines Gutscheincodes genügt. Die Receiver haben in der Regel eine eingebaute Entschlüsselung und kommen somit ohne Kartenleser aus, und auch das Modul benötigt keine Smartcard zum Freitschalten der Programme. Freenet setzt übrigens auf das Verschlüsselungssystem (CAS) Irdeto.

DVB-T2-Antennengeflüster

Anders als manche DVB-T2-Experten versprechen, klappt der Empfang keineswegs mit bisherigen DVB-T-Antennen – zumindest nicht zwingend. Ein Anwenderbericht aus Hamburg Eimsbüttel: Nachdem ich mit der Telestar Antenna 7 eine ebenso dezente wie einwandfrei funktionierende DVB-T-Antenne gefunden hatte, heißt es nun: umrüsten. Denn mit der Antenna 7 finden DVB-T2-Receiver beim Suchlauf nur wenig DVB-T-Programme, aber gar keine DVB-T2-Sender aus dem Pilotbetrieb. Auch das TV-Gerät Philips 65PUS7601 mit integriertem DVB-T2-, DVB-C- und DVB-S2-Tuner bekommt mit der Telestar-Antenne keine Sender rein – weder die DVB-T-Programme noch das DVB-T2-Pilotbouquet.

Anders bei der deutlich mächtigeren quadratischen Flachantenne SV 9395 (rund 63 Euro) der Niederländer von One For All: Mit ihrem Antennensignalverstärker mit bis zu 51 dB Verstärkung klappt der Empfang sowohl von DVB-T wie von DVB-T2. Doch auch hier sind teilweise leichte Klimmzüge notwendig: Die Signalverstärkung der SV 9295 lässt sich dabei mittels vierer Druckknöpfe in vier Stufen einstellen. Blau leuchtende LEDs signalisieren, welche Stufe gewählt wurde. Dabei gilt: Sowohl ein zu schwaches Signal wie eine zu kräftige Signalverstärkung verhageln den Empfang. Denn die Eingangsstufe eines nachfolgenden Tuners verzerrt bei einem zu starken Signal. Die Folgen lassen sich nicht nur mit Blockbildung beschreiben: Das Bild friert ein, der Ton fällt aus, der TV-Schirm zeigt allerlei interessante bunte Strukturen.

Kleine DVB-T2-Receiver-Gerätekunde

Edision T265_Strong SRT8540Wer nicht gleich ein neues TV-Gerät mit DVB-T2-Tuner besorgen möchte, nimmt mit einem geeigneten DVB-T2-Receiver Vorlieb. Zwei günstige Beispiele sind der Strong SRT8540 für rund 70 Euro und das Schnäppchen Edision Proton T265 LED für schlappe 40 Euro. Während der Strong SRT 8540 auch die verschlüsselten Freenet-Sender der Privaten reinbekommt (bis Ende Juni wird noch eine dreimonatige Gratisphase laufen), beschränkt sich der kompakte Edision konsequent auf die öffentlich-rechtlichen Sender. Der Edison erfüllt damit nicht die sogenannten Mindestanforderungen für das grüne DVB-T2-Logo, denn dieses verlangt eine eingebaute Entschlüsselung oder einen CI+-Steckplatz für die veschlüsselten Freenet-TV-Sender. Beide Modelle bieten einen HDMI-Anschluss für HDTV-Geräte sowie einen Scart-Anschluss für ältere TV-Geräte oder gar einen Videorecorder.

Oben: der kompakte Edision Proton T265. Unten: der Strong SRT8540.

Auch USB-Anschlüsse für Speicher sind bei beiden Modellen vorhanden. Während der SRT 8549 darüber aktuell nur einige Audio-, Video- und Fotoformate abspielen kann, zeichnet der Preisbrecher Edision T265 TV-Programme auf USB-Speicher auf, ist also ein sogenanntes PVR-ready-Gerät. Die Aufnahmefunktion des Strong soll aber noch per Firmware-Update freigeschaltet werden, verspricht der Hersteller. Einen genauen Termin konnte Strong auf Nachfrage jedoch nicht nennen. Generell verfahren einige DVB-T2-Receiver-Hersteller mit der Aufnahmefunktion auf externe USB-Speicher ein wenig unkonventionell: Diese Gerätefunktion lässt sich teilweise nur auf Nachfrage gegen eine zusätzliche Gebühr freischalten. Hintergrund ist die sogenannte Urheberrechtsabgabe, die beispielsweise auf Aufnahmemedien oder -geräte fällig wird. Diese Abgabe möchten einige Hersteller im harten Preiskampf zunächst einsparen. Schließlich möchte nicht jeder TV-Zuschauer Programme aufzeichnen. Darüber hinaus ist der Strong SRT 8549 mit einer Netzwerkbuchse ausgestattet (RJ45). Darüber findet er Kontakt zum Heimnetzwerk und Internet, liefert aber lediglich einige Wetterinfos, keine HbbTV-Zusatzangebote (Hybrid Broadcast Broadband TV) wie Mediatheken oder einen modernen Teletext in Farbe und mit Bildern.

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Autor

Recording, Musikproduktion und Schlagzeug zählen ebenso zu meinen Interessen wie Medientechnik und Broadcast. Nach Stationen bei Tonstudio Zuckerfabrik, R&P Showtechnik & Veranstaltungsservice, SWR, WDR und Axel Springer arbeite ich als freiberuflicher Technikjournalist und Medieningenieur. Dabei biete ich Fachartikel, Produktbeschreibungen und Content-Marketing für Verlage und Unternehmen.

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